Bild Transplantationsgesetz mit Organspendeausweis und Nicht-Organspendeausweis - Einführung Organspende und Hirntod

Einführung in das Thema Organspende Transplantation Hirntod

Einführung in das Thema Organspende Transplantation Hirntod

Bild zur Organpaten-InfotourFür kaum ein anderes bioethisches Thema wird von Seiten der Bundesregierung und anderen offiziellen Organen, wie z.B. der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), seit vielen Jahren so massiv Werbung betrieben, wie für die Organspende.

Insbesondere die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wirbt in Kooperation mit der DSO mit diversen Informationsseiten, in Fernseh- und Kinospots oder auf Plakaten und in Hochglanzbroschüren mit oft fragwürdigen Methoden für die Bereitschaft in der Bevölkerung zur Zustimmung einer Organentnahme nach dem sogenannten „Hirntod“. Als Beispiel dafür sei die Informationstour „Organpaten werden“ genannt.

Gesetz zur Entscheidungslösung bei Organspenden

Bild OrganspenderegelungAm 25. Mai 2012 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Entscheidungslösung bei Organspenden und zur Änderung des Transplantationsgesetzes verabschiedet. Damit erhofft man sich eine Steigerung der Organspendezahlen in Deutschland.

Das Gesetz zur Entscheidungslösung trat zum 1. November 2012 in Kraft. D.h. ab jetzt sollen die Krankenkassen regelmäßig alle Versicherten ab 16 Jahre anschreiben und um eine Entscheidung pro oder contra Organspende nach dem Hirntod bitten. Darüber hinaus sollen die Behörden bei der Ausgabe von amtlichen Ausweisen wie z. B. Pass oder Führerschein Informationen zur Organspende ausgeben. Die Aufklärung soll dabei laut Gesetz „ergebnisoffen“ sein. Ob sie das wirklich ist, ist fraglich. Meist wird unserer Erfahrung nach hauptsächlich nur das Material der BzgA versandt.

Unser Ziel: Umfassende Aufklärung über Organspende und die Bedeutung des Hirntodes

Wir möchten mit dieser Themenseite des Infoportal Kritische Bioethik (ehemals InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland) allen potenziellen Organ“spendern“ die Möglichkeit geben, sich vor ihrer Entscheidung für eine Einwilligung einer Organentnahme – sei es bei sich selbst oder bei Angehörigen – umfassend auch über die anderen Seiten der Transplantationsmedizin zu informieren.

Denn mit diesen Fragen kann jeder von uns einmal konfrontiert werden. Entweder direkt im Falle des Todes eines Angehörigen oder indirekt, wenn im Falle des eigenen Todes die Angehörigen eine Entscheidung über den „mutmaßlichen Willen“ treffen müssen, ob die Organe zur Transplantation freigegeben werden dürfen oder nicht.

Wussten Sie z.B., dass der explantierende Arzt sein Skalpell bei einem Patienten („Leiche“) ansetzt,

  • dessen Herz schlägt, der sich warm anfühlt und durchblutet ist,
     
  • der eine rosige Haut hat, einen Hautausschlag bekommen kann, frieren, schwitzen und Fieber haben kann,
     
  • der mit Hilfe des Beatmungsgerätes atmet und dessen Brustkorb sich hebt und senkt,
     
  • der ein intaktes Stoffwechsel- und Immunsystem aufweist, der ernährt wird und Verdauung hat, dessen Nieren arbeiten und der Urin ausscheidet,
     
  • bei dem Tränen fließen und Wunden heilen können,
     
  • der bei Schwangerschaft Kinder austragen und gebären kann,
     
  • der auf Berührung reagieren, sich aufrichten und die Arme und Beine bewegen kann,
     
  • dessen Blutdruck beim Schnitt mit dem Skalpell ansteigt,
     
  • der Narkose-, Schmerz- und muskelentspannende Mittel erhält,
     
  • der „konditioniert“ wird, das heißt herz- und kreislaufstärkende Mittel, Hormone und andere Medikamente erhält, um ihn unbedingt am bzw. im Leben zu halten,
     
  • der bei Herzstillstand sogar wieder reanimiert, also wiederbelebt wird.
     

Dies alles sind keine „Horrormärchen“, sondern medizinische Fakten, die jedoch gerne verschwiegen werden.

Wußten Sie außerdem, dass

  • der Test zur Feststellung des Hirntodes bei nicht hirntoten Patienten Schädigungen des Gehirns zur Folge haben kann:
     
      „Ein gravierendes Problem der spendezentrierten Lebensverlängerung liegt darin, dass sie in seltenen Fällen zur Ausbildung eines apallischen Syndroms führen kann, in dem der Patient erneut selbstständig atmen und schlucken kann, ohne sein Bewusstsein zurückzuerlangen. Diesen Zustand schwerster neurologischer Schädigung und vollständiger Pflegebedürftigkeit wollen gewiss etliche Patienten und Angehörige keinesfalls akzeptieren. Patienten, Betreuer und Bevollmächtigte müssten wissen, welche Risiken bestehen, um diese ablehnen oder ihnen begegnen zu können“
       

    (aus: „Medizinethik: Behandlung potenzieller Organspender im Präfinalstadium“ von Schöne-Seifert, Bettina; Prien, Thomas; Rellensmann, Georg; Roeder, Norbert; Schmidt, Hartmut H.-J., in: Deutsches Ärzteblatt 2011; 108(40), 07.10.11)

  • ca. 8 von 10 aller Organentnahmen bei Menschen stattfinden, die niemals ihre Einwilligung zu dieser „Spende“ gegeben haben, sondern wo die Angehörigen aufgrund des „mutmaßlichen“ Willens entschieden haben, die Organe freizugeben?
     
  • laut Studie der Universität zu Köln vom März 2004 nur 62 Prozent der Bevölkerung den Hirntod akzeptieren als den tatsächlichen Tod des Menschen und nur 60 Prozent unter seiner Voraussetzung zur Organspende bereit sind?
     

Zur Frage einer Aufklärung über Organspende

Zur Frage einer Aufklärung über Organspende erklärte Prof. Dr. jur. Hans Lilie, Geschäftsführender Direktor des Interdisziplinären Zentrums Medizin-Ethik-Recht der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg bei seinem Vortrag „10 Jahre Transplantationsgesetz – Verbesserung der Patientenversorgung oder Kommerzialisierung?“ auf dem 110. Deutschen Ärztetag in Münster am 16. Mai 2007:

    „Anders als bei herkömmlichen Heileingriffen erfordert die freiwillige Erklärung zur Organspende keinerlei ärztliche Aufklärung.9 Eine Ausnahme von dem Verzicht auf ärztliche Aufklärung besteht nur bei der Einwilligung in eine Lebendspende gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1b TPG. In allen anderen Fällen bleibt es den Einzelnen überlassen, sich selber die notwendigen Informationen zu besorgen, sodass eine Organspende auch dann zulässig ist, wenn der Betreffende sich für die Spende ausgesprochen hat, ohne über die Einzelheiten zuvor aufgeklärt worden zu sein.

    Dogmatisch erklärt sich das aus der Tatsache, dass es – anders als beim ärztlichen Heileingriff – bei der Organspende nicht um die Verletzung der körperlichen Integrität eines Lebenden und den damit verbundenen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht geht. Bei der postmortalen Organspende wird nur das über den Tod hinaus wirkende Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen verletzt, wenn die Organentnahme ohne Einwilligung erfolgt.10

    9 Nickel/Schmidt-Preisigke/Sengler, § 2 Rd. 10.
    10 Schroth/König/Gutmann/Oduncu, TPG § 2 Rd. 7.

Wir meinen, wer Werbung macht für die Transplantationsmedizin und Organ“spende“, als „Akt der Solidarität“ oder der sogenannten „Nächstenliebe“, sollte die Bürger umfassend informieren und aufklären. Die Deutsche Stiftung Organstransplantation DSO z.B. klärt einseitig auf.

Mit diesen Seiten leisten wir unseren Beitrag zur kritischen Aufklärung.
Nur wenn potenzielle Organspender ehrlich und umfassend informiert werden, können sie eine gut bedachte Entscheidung für oder gegen die Organentnahme treffen.

Kritische Diskussion über Organspende und Hirntod

Wir haben für alle Interessierten auf diesen Seiten Informationen zur kritischen Auseinandersetzung zusammengestellt, z.B. über die derzeitige Regelung der Organentnahme nach dem sogenannten „Hirntod“, die Hirntoddefinition an sich, den Vorgängen bei einer Organentnahme, die Lebendspende zur Behebung des „Organmangels“, die Problematik des Organhandels und der Xenotranplantation (Übertragung von Tierorganen auf den Menschen) als vermeintliche „Alternative“.

Damit möchten wir Sie einladen, sich zu den einzelnen Problembereichen rund um das Thema Organspende einen Überblick zu verschaffen, sich über Entwicklungen auf wissenschaftlicher, politischer und gesellschaftlicher Ebene zu informieren und damit auseinanderzusetzen, um sich dann eine Meinung zu bilden und eine eigene Entscheidung zu treffen. Und sich eventuell alleine oder mit uns gemeinsam zu engagieren. Für den Schutz der Würde jedes Menschen in allen Phasen des Lebens – von der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle bis zum natürlichen Tod.

Hirntod ist nicht der Tod des Menschen, sondern ein unumkehrbarer Prozeß im Sterben

Nach unseren Erkenntnissen ist der Hirntod nicht der Tod des Menschen, sondern ein unumkehrbarer Prozeß im Sterben. Daher ist die derzeitige Regelung zur Organtransplantation mit der Wahrung der Würde des Menschen nicht zu vereinbaren.

In den Grundpositionen der (ehemaligen) InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland in bioethischen Problemfeldern heißt es daher klar:

(…)

3. Ein zweiter Bereich, in dem in unserer Gesellschaft große Unsicherheit und Verwirrung herrscht, ist die Organtransplantation aufgrund der sogenannten „Hirntod-Theorie“. Die InteressenGemeinschaft stellen unermüdlich diese „Hirntod-Theorie“ infrage und fordern sachliche Aufklärung der Bevölkerung. Die IGs schützen die Sterbenden vor der Entnahme von Organen bei lebendigem Leibe. Sie fordern die Selbstbestimmungsrechte der sogenannten „Spender“, von denen ca. 94% niemals ausdrücklich einer Organentnahme zugestimmt haben.

(…)

5. Sie setzen sich ein für die Begleitung Sterbender mittels Palliativ-Medizin und Hospizarbeit. Auch irreversibel komatöse Patienten (sogenannte „Hirntote“) haben Anspruch auf liebevolle Sterbebegleitung.

Eine kritische Einführung in das Thema Organtransplantation und Hirntoddefinition bietet die Initiative „Kritische Aufklärung über Organtransplantation“ KAO in ihrem Faltblatt „Hirntod – der neue Tod bei lebendigem Leib“ im PDF-Format.

Nicht-Organspendeausweis

Bild NichtspenderausweisFalls Sie nach Durchsicht unserer Informationen zum Thema Organspende, Transplantation und Hirntod zu dem Schluß kommen, dass Sie Ihre Organe, Gewebe, Knochen etc. nicht spenden möchten und auch keine Organe von Menschen im Hirnversagen haben wollen, falls es mal nötig werden sollte, können Sie sich hier unseren „Nicht-Organspenderausweis“ runterladen. Einfach ausdrucken, ausschneiden, ausfüllen und einstecken. Um auch Ihre Verwandten, Freunde und Bekannten damit versorgen können, gibt es zwei Ausweise auf einem Blatt.

PDF Nicht-Organspendeausweis der IG Kritische Bioethik Deutschland
Zwei Ausweise auf einem Blatt (201 kb)
 

Überblick zu unserem Informationsangebot

  • In der Rubrik Neues finden Sie aktuelle Neuigkeiten zum Thema Organspende, Hirntod, Transplantationsmedizin, Lebendspende,
     
  • Unter Presseschau erstellen wir monatliche eine Übersicht mit Links zu ausgewählten Artikeln aus diversen Tages- und Wochenzeitungen und Mitteilungen verschiedenster Institutionen. (Diese Rubrik wird regelmäßig ergänzt.)
     
  • In der Rubrik Themenübersicht finden Sie bevorzugt im PDF-Format zahlreiche wichtige Dokumente, wie Stellungnahmen, Gesetzestexte, Anträge und Anfragen aus dem Parlament und weiteres Hintergrundmaterial zum Runterladen.
     
  • In der Literatur-Rubrik finden Sie Bücher zum Thema. Alle Werke können Sie direkt bei Amazon.de bestellen und unterstützen damit indirekt unsere Arbeit.
     
  • Unter Adressen haben wir ein Adressverzeichnis zusammengestellt von Institutionen um die Kontaktaufnahme für einen Dialog mit Entscheidungsträgern zu erleichtern.
     
  • Kontakt enthält diverse Kontaktmöglichkeiten für Anfragen von Journalisten, für am Thema Interessierte, für Rezenionsexemplare etc.
     

Allgemeine Inhalte zu anderen Themen der Bioethik

Auf dem Infoportal Kritische Bioethik unter www.kritischebioethik.de finden Sie Informationen zu anderen bioethischen Fragenbereichen, wie der Reproduktionsmedizin, Embryonenforschung, Stammzellen, dem Klonen, der Gentechnik, der Pflege, Betreuung und Behinderung, Sterbebegleitung contra Sterbehilfe etc.

Ziele und Arbeit der InteressenGemeinschaft

Wenn Sie mehr wissen wollen über die (ehemalige) InteressenGemeinschaft Kritische Bioethik Deutschland, finden Sie dort in der Rubrik „Über uns“ Informationen über unsere Ziele und Arbeit.

Bewusstseins- und Wertewandel

Mit dieser Themenseite zur Organspende leisten wir unseren Beitrag, sich den wachsenden Begehrlichkeiten der Forschung und Wissenschaften auf den Mensch als Rohstofflieferanten entgegenzusetzen.

VertreterInnen aus Gesellschaft, Kirche, Wissenschaft, Forschung und Politik sind aufgerufen, sich in kritischen Diskussionen konstruktiv auszutauschen, um in ethisch verantwortungsvollem Handeln einem „Fortschritt nach Maß“ gerecht zu werden.

gezeichnet

Christian Frodl,
Webmaster Infoportal Kritische Bioethik Deutschland

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