25.08.20: Debatte über Organlebendspende noch ungewiss

25.08.20: Debatte über Organlebendspende noch ungewiss

Die FDP-Bundestagsfraktion hat am 22. Juli 2020 eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zu einer Debatte über die Organlebendspende gestellt. Nun liegt die Antwort vor.

In der Vorbemerkung der Fragesteller heißt es, im Rahmen der parlamentarischen Debatte über das „Zweite Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes – Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende (GZSO)“ im Februar 2019 wurde seitens der Fraktion der FDP ein Antrag (Bundestagsdrucksache 19/5673) eingebracht. Dieser Antrag hatte zum Ziel, die Durchführung von Organlebendspenden „nicht lebensnotwendiger Organe wie einer Niere oder eines Teils der Leber“ für altruistische Spender zu erleichtern. Damit sollten eine Legalisierung sogenannter Überkreuzspenden erreicht werden, sowie eine Abkehr von der prinzipiellen Vorrangigkeit postmortaler Spenden. Der Antrag wurde seinerzeit abgelehnt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe seine Ablehnung des Antrags in der Debatte damit begründet, dass die Diskussionen zur Verbesserung der Strukturen in den Krankenhäusern und jene zur Organlebendspende nicht parallel geführt werden sollten. Gleichwohl sei diese Debatte seiner Ansicht nach zu führen.

Nun befragte die FDP-Bundestagsfraktion die Bundesregierung zum Stand der Dinge bezüglich einer möglichen Debatte über die Organlebendspende. Denn bisher seien keinerlei Signale von Seiten der Bundesregierung gekommen.

Debatte über die Organlebendspende Ja oder Nein?

Konkret wollten die Liberalen wissen, ob die Bundesregierung weiterhin der Ansicht sei, dass eine Debatte über die Organlebendspende geführt werden sollte. Zudem wollten sie wissen, ob die Bundesregierung beabsichtigt, eine solche Debatte noch in der aktuellen Legislaturperiode anzustoßen und zu führen. Das heißt, bis Ende 2021. Auch interessierte die Abgeordneten, ob es seitens der Bundesregierung bereits einen konkreten Zeitplan dafür gibt.

In ihrer Antwort vom 05.08.2020 erklärte die Bundesregierung unter Bezugnahme auf die Vorbemerkung der Fragesteller, mit dem „Zweiten Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes. Verbesserung der Zusammenarbeit und der Strukturen bei der Organspende“ vom 22. März 2019 (BGBl. I 2019, S. 352) und dem im Anschluss am 25. Juni 2019 verabschiedeten Gemeinschaftlichen Initiativplan Organspende, der den durch dieses Gesetz geschaffenen rechtlichen Rahmen im Klinikalltag durch Maßnahmen unterstützt, sowie mit dem im Januar 2020 verabschiedeten „Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende“ (BGBl. I 2020, S. 497) seien entscheidende Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Organspende in Deutschland bereits umgesetzt worden.

„Die gleichzeitig von einer breiten Öffentlichkeit verfolgte politische und gesellschaftliche Debatte zur Organspende in Deutschland hat maßgeblich dazu beigetragen, dass eine positive Zwischenbilanz gezogen werden kann. Die Gesamtzahl der postmortalen Organspender liegt in der ersten Jahreshälfte 2020 bei 487 gegenüber 454 im Vorjahreszeitraum. Mit diesen gestiegenen Spenderzahlen konnten 1.557 Organe im Vergleich zu 1.511 im Vorjahr entnommen werden“, so die Bundesregierung.

Sorgfältige Prüfung und Diskussion unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte notwendig

Bundesgesundheitsminister Spahn habe angekündigt, auch das Thema Lebendspende näher zu beraten.

„Die geltenden Regelungen zur Organlebendspende im Transplantationsgesetz beruhen auf einer Abwägung des Spenderschutzes und der Abwehr möglichen Organhandels einerseits und der Ermöglichung einer medizinisch optimalen Behandlung des Organempfängers andererseits. Der Gesetzgeber hat bei dem Erlass des Transplantationsgesetzes im Jahr 1997 die Organspende zu Lebzeiten in engen Grenzen und unter den besonderen Voraussetzungen des § 8 TPG zugelassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Organentnahme bei der Lebendspende, die für den Spender kein Heileingriff darstelle, sondern ihm grundsätzlich körperlich schaden würde und ihn gesundheitlich gefährden konnte, eine detaillierte gesetzliche Regelung erfordere (vgl. amtliche Begründung zu § 7 TPG, Bundestagsdrucksache 13/4355 S. 20)“, heißt es in der Antwort.

Die Frage einer möglichen Änderung der Organlebendspende-Regelungen in Deutschland setze daher „eine sorgfältige Prüfung und Diskussion unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte“ voraus. „Dazu gehören insbesondere eine umfangreiche fachliche Aufbereitung der Thematik, eine sörgfaltige ethische Abwagung sowie letztlich auch eine breite politische und gesellschaftliche Debatte“, erklärte die Bundesregierung.

„Der Zeitplan hierfür hängt auch von der weiteren Entwicklung des SARS-CoV-2-Infektionsgeschehens und der weiteren Vorhabenplanung ab“, heißt es weiter.

Evaluierung von Reformen der Organlebendspende

Des Weiteren wollte die FDP-Fraktion wissen, ob die Bundesregierung bereits evaluiert hat oder evaluieren lies, welche Reformen der Organlebendspende denkbar wären, und welche Konsequenzen diese für die Verfügbarkeit von Spenderorganen haben könnten. Wenn ja, mit welchem Ergebnis und wenn nein, ob eine solche Evaluation geplant ist.

Hierzu fiel die Antwort denkbar knapp mit einbem Satz aus: „Eine Evaluierung der Regelungen zur Organlebendspende bedarf einer umfangreichen fachlichen Aufbereitung, um das Thema möglichst umfassend aus medizinischer, ethischer und rechtlicher Sicht zu beleuchten.“ Im Übrigen werde auf die Antwort auf die Eingangsfragen verwiesen, so die Bundesregierung.

Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 5. August 2020 übermittelt. Sie ist als Drucksache 19/21495 abrufbar.

Weitere Informationen

PDF-SymbolDebatte zur Organlebendspende
Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/21187
Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Drucksache 19/21495 vom 05.08.2020 (inkl. Fragetext)

Spahn fordert Debatte über Lebendspenden
SPIEGEL Online 25.10.19

PDF-SymbolChancen von altruistischen Organlebendspenden nutzen – Spenden erleichtern
Antrag der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Michael Theurer, Christine Aschenberg-Dugnus u.a. und der Fraktion der FDP
Deutscher Bundestag, 19. Wahlperiode, Drucksache 19/5673 vom 09.11.2018

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